Man nehme: Einen Ball, einen Stuhl, einen Eimer, etwas Farbe und - das darf man auf keine Fall vergessen - zwei Kinder. Es sind ein Junge und ein Mädchen, vielleicht Geschwister, die uns an diesem Regentag ihre Fantasie leihen, denn ihre Langeweile währt nur kurze Zeit. Immer schneller wechseln die schwarzweißen Tuschezeichnungen der beiden, die an Erich Ohsers Zeichnungen von Vater und Sohn erinnern, mit einer farbenprächtigen, abenteuerlichen Welt ab, die sie aus sich heraus schöpfen. Sie können selbst Berg oder Baum sein. Der Eimer wird zum Brunnen. Durch ihn steigen sie in ein magisches Höhlensystem hinab, krabbeln wieder heraus und stapfen weiter auf höchste Berge, auf denen sie wie die Riesen. Bald sind auch wir gewieft und überlegen, was ihre Fantasie als Nächstes hervorzaubern wird. Gern darf über das Buch hinaus fantasiert werden, denn eine Kinderzimmerbühne ist grenzenlos. Und siehe, schon scheint die Sonne wieder. Die Fahrräder stehen bereit.
Jens Rassmus entfacht in seinem Bilderbuch mit schwungvollem Strich ein Feuerwerk der Fantasie. Schaut man genau, stecken in seinen minimalistischen Ausführungen alle Details, die uns erahnen lassen, wie Fantasie entsteht und wie sie Raum greift, wenn man ihr Spielraum lässt. Auch der Erzähltext wird unserer Fantasie überlassen. Und was braucht man dafür? Einen Kopf ein Gegenüber und etwas Langeweile. Nichts, das wir nicht alle besitzen würden. Das Buch gibt uns Anstoß, uns die Welt so zu fantasieren, wie wir sie uns erträumen. Nicht nur an einem Regentag.