In einer englischen Kleinstadt geschieht etwas Undenkbares: ein Terroranschlag. Aus der Perspektive von fünf jugendlichen Überlebenden werden die Ereignisse des Abends wiedergegeben und der Leser baut sich über die verschiedenen Sichtweisen eine spannende Geschichte unserer grausamen Realität zusammen. Sera Milano hat ein großartiges Werk geschaffen, über die Schrecken von Terroranschlägen und was sie mit den Beteiligten machen.
Einmal im Jahr, beim Sommerfestival, sind in der verschlafenen, britischen Kleinstadt Aberside alle auf den Beinen. Sie wollen die Straßenstände, den Fackelumzug, das Konzert und das Feuerwerk nicht verpassen. Allen voran die Jugendlichen: Die kluge Violet, der smarte Joe und die Jungs seiner Clique, die wunderschöne Ellie, die im Tanz alle Blicke auf sich zieht, und Peaches, die im Team der Theatergruppe die provisorische Bühne mit aufgebaut hat. Für das Feuerwerk ist ihr einen guter Aussichtspunkt auf der Beleuchterbrücke sicher. Sie merkt als Erste zwischen den Feuerwerksexplosionen das beunruhigend Fremde in der Menschenmenge. Für uns Lesende ergeben die ausschnitthaften Berichte von den jeweiligen Standorten der Jugendlichen nur langsam, wie für die Jugendlichen selbst, das Bild eines gewaltigen Terroranschlages. Maskierte Schützen jagen Menschen und reißen viele sinnlos aus Leben. Die Welt aller, die ihn miterleben mussten wird sich für immer verändern. Die Überlebenden nennt man später „Die Glücklichen“. Aber was ist Glück, was Angst, was Instinkt? Und was ist Sicherheit? „Sicherheit ist ein relativer Begriff, je nach Situation ändert er seine Bedeutung“, wird Violet über die Entscheidungen in dieser Nacht sagen und „Wenn ich ihren Beweggrund nicht kenne und mich auch nicht darum schere, dann beraube ich sie darum.“ So erleuchtet Milano in diesem Buch vielschichtig die Gedanken der Opfer und verweigert den Tätern bewusst das Rampenlicht. Dabei bietet sie von allem nur so viel, wie es braucht, um authentisch zu bleiben. Die Geschichte ist harter, blutiger Tobak und doch erzählt sie ebenso stark in all seinen Figuren von dem, was unseren Lebenswillen mobilisiert: Vom sich Finden, vom Miteinander, von Hilfsbereitschaft und nicht zuletzt von sich öffnenden Blickwinkeln auf Menschen, von neu entstehender Zuneigung, ja Liebe, in den unfassbarsten Situationen. Die Erkenntnis dieser vielleicht wichtigsten menschlichen Gabe, die alle Figuren erfahren, wird ihrem folgenden Leben eine glückliche Facette bescheren. Ein lesenswerter Beitrag in einer Zeit, in der wir uns alle mit anhaltendem Terrorismus und Krieg auseinandersetzen sollten. Katrin Rüger