Auch in ihrem zweiten Roman schreibt die norwegische Autorin eine Geschichte, die auf besondere Weise fasziniert und deren Sog man sich nur schwer entziehen kann Bergljot ist Tochter, Mutter. Schwester, Ex-Frau, Freundin, sie nimmt auf einen stetigen inneren Monolog mit. Einen Monolog mit ihren zwei Schwestern, dem älteren Bruder, den Eltern, mit allen hat sie seit fünfzehn Jahren keinen Kontakt mehr. Sie nimmt auch dahin mit, wo sie den nötigen Rückhalt und das Verständnis dafür findet, mit der eigenen Familie gebrochen zu haben, so bei ihren eigenen Kindern, Freunden und Freundinnen.
Von Beginn an fragen sich die Leser, welcher Auslöser zu dem Bruch geführt hat, und während erst ein vermeintlicher Selbstmordversuch der Mutter, ein Erbstreit und der plötzliche Unfall des Vaters mit Todesfolge die gesamte Familie in Atem hält, leidet Bergljot auf jeder der knapp vierhundert Seiten weiter. Man erlebt Bergljot durchaus als reife Frau, die im Berufsleben steht, einen guten Kontakt zu ihren Kindern hält, und einen intakten Freundeskreis besitzt, und trotzdem dreht sich so viel mehr um ihre schwächsten Momente. So sieht sie schwierigen Entscheidungsprozessen bezüglich ihrer Positionierung zu dem Erbstreit oder der Beerdigung des Vaters und einem erstmaligem Wiedersehen mit der Familie entgegen. Die Figur durchlebt alles zwischen Zusammenbruch, Panik, Entschlossenheit, Rückzug und Hilfeschreien. Selbst Gespräche durchdenkt Bergljot, dreht die Fragen und Antworten von vorn nach hinten, sucht Hinweise, weist Schuld zu, wo andere diese von sich weisen, fordert ein klares Statement zu dem einen Thema, um das sich alles dreht, und das ich an dieser Stelle gar nicht nennen möchte.
So zieht das Buch auf seine ganz eigene Weise in den Bann, man möchte es weglegen und ihr zurufen, nun lass es gut sein, aber nichts ist gut, nicht in Bergljots Familie. Am Ende heißt es schlicht: „Ich konnte nicht verzeihen, es war mir nicht möglich.“