Edward Moon ist Mitte zwanzig und sitzt seit zehn Jahren in Haft, des Mordes für schuldig befunden, ausgerechnet in Texas, wo auf Mord die Todesstrafe steht. Annäherung an diese schwer vorstellbare Lebenssituation bringt Eds kleiner Bruder Joe, dessen lebendige Erinnerungen an seinen großen Bruder aus einer Zeit stammen, als er grade sieben Jahre alt war. Er ist es, der in den letzten Wochen vor dem festgesetzten Termin des endgültigen Strafvollzuges den Weg zum und ins Gefängnis findet und die Gespräche mit dem Bruder auf sich nimmt. Gekonnt springt Crossan zwischen den zwei Zeitebenen, Joes Erinnerung und seiner Sicht als heute 17jähriger. Dabei verweben sich bald Joes und die eigenen Fragen und mehren die in offenem Raum stehenden Zweifel an der Richtigkeit eines solchen Vollzuges. Kann man sich Eds Schuld überhaupt sicher sein? Gibt es noch Chancen das Urteil aufzuschieben oder gar auszusetzen? Wo bleibt das Gewissen, wenn man im Namen des Staates Todesurteile vollstreckt? Atemlos verfolgt der Leser das Setting, klammert sich an die letzten Hoffnungsschimmer inmitten aller plan genauen Vorbereitungen zum gesetzlichen Mord. Wie auch schon Anne-Laure Bondoux in Der Mörder weinte, beantwortet Sarah Crossan die Frage des Titels mit der Suche nach dem Menschen, dem Wesen des und der Menschen. Das macht eine Antwort nicht leicht. Umso ergreifender ist es jedoch, Joe zu folgen. Was macht ein Todesurteil mit denen, die es begleiten müssen, mit der Familie, die zerbricht und zurückbleibt? Wie auch schon in ihrem für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierten Vorgängertitel Eins öffnet Sarah Crossan in knapper, packender Sprache eine Tür hinter der ein weites Feld liegt.