Die Familiengeschichte des Bürgerrechtsaktivisten, Politikers und Musikers Romeo Franz erzählt über vier Generationen vom Leben deutscher Sinti. Schon im 15. Jahrhundert lebten Sinti und Roma in Europa. Vorurteile und Klischees gegenüber dieser größten Minderheit Europas, sitzen tief. So erzählen seine Menschen und er selbst von Stigmatisierung, Ausgrenzung, systematischer Vertreibung und rassistischen Anfeindungen durch die Behörden. Der Völkermord an 500.000 Sinti und Roma im Nationalsozialismus fand in der Bundesrepublik erst 1982 Anerkennung.
Schon 1911 kämpfte der Ururgroßvater von Romeo Franz gegen die Bezeichnung als „inländischer Zigeuner“. Die Co-Autorin Alexandra Senfft, erfahren in der Aufarbeitung von intergenerationellen Folgen des Holocausts, liefert zu den lebendig erzählten Begebenheiten familiären Lebens eine umfassende Recherche in historischen, politischen und gesellschaftlichen Sachzusammenhängen. Mit großer Sorgfalt wendet sich die Publizistin dem Sprachgebrauch und der Weitergabe von Traumata über Generationen zu, denn „die Toten leben in uns weiter“, sagt Romeo Franz.
Wir erfahren von der musikalischen Ausbildung über alle Generationen hinweg, vom 19. Jahrhundert bis heute, welche für alle im Kindergartenalter beginnt und nur durch Übung und Fleiß zur Könnerschaft heranreifen kann. „Musik wurde zum Herzstück meiner Identifikation und der rote Faden im Narrativ meiner Familiengeschichte“, sagt der Geiger und Pianist Romeo Franz. Ob in der Schauspielerei, den Musikkapellen oder rollenden Kinos der Stumm- und Tonfilmzeit, in dieser Sinti Familiengeschichte ist die Kultur ein alle Menschen verbindendes, traditionell gepflegtes Element, das einen kreativen Lebensentwurf fordert, der die Zukunft formt.
Vor der Resilienz und Beweglichkeit seiner Menschen, dem Familienzusammenhalt und dem unentwegten Kampf um Anerkennung ziehe ich den Hut. „Meine Identität als Sinto bleibt erhalten, wenn ich meine Erfahrungen weitergeben und daraus mit der nächsten Generation das Zukünftige entwickele“, sagt Romeo Franz, der heute als Politiker im Europaparlament sitzt.
Das Buch ist ein bewegendes Werk, welches dem Antiziganismus entgegenwirkt. Ich habe es verschlungen. Es öffnet Augen und regt zum Dialog zwischen Minderheit und Mehrheitsgesellschaft an.
Reicht einer Minderheit die Hand. Großartig komponiert. Erschütternd und fesselnd erzählt, umfassend recherchiert. Die Familiengeschichte des Bürgerrechtsaktivsten, Politikers und Musikers Romeo Franz erzählt über vier Generationen vom Leben der Sinti in Deutschland.
Foto © Pascal Bünning
*1966 in Kaiserslautern, stammt aus einer deutschen Sinti-Familie und ist Musiker und Politiker. Franz setzt sich seit vielen Jahren für die Rechte Romanes-sprachiger Menschen ein und war von 2003 bis 2013 stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands deutscher Sinti und Roma in Rheinland-Pfalz. Seit 2010 ist er parteipolitisch bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aktiv. Als erster deutscher Sinto ist er 2018 in das Europäische Parlament eingezogen.Er ist Mit-Begründer und Generalsekretär der Bundesvereinigung der Sinti und Roma (BVSR). Romeo Franz lebt in der Nähe von Speyer. Wenn sein politisches Mandat es erlaubt, tritt der passionierte Jazzmusiker mit seinem 1991 gegründeten Romeo Franz Ensemble auf.
*1961 in Hamburg, ist Publizistin und Autorin. Seit 1994 schreibt sie regelmäßig für deutsche und internationale Medien. Für ihr Buch »Schweigen tut weh. Eine deutsche Familiengeschichte« (2007) über das NS-Erbe ihrer mütterlichen Familie erhielt Senfft den Deutschen Biografiepreis. Senfft ist stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust und Mitglied im Präsidium der Lagergemeinschaft Dachau. Sie lebt in Oberbayern und auf einer griechischen Insel. Online findet man sie unter: alexandra-senfft.de
Foto © Pascal Bünning
Die Veranstaltung wird gefördert von: