Frau Hund schwingt den Pinsel. Ihr Mann sitzt Modell. Stolz hält er die Torte im Schoß. Sie ist Konditoreikunst von Meisterhand nach einem alten Familienrezept. Hinter ihm hängt die Mona Lisa an der Wand. Mit ihr betrachten wir die ambitionierten Akteure. Schon hier, auf den Buchdeckeln, beginnt die Reise in die moderne Kunstgeschichte. Die Zimmerflucht mit Bett ist wie van Goghs Schlafzimmer in Arles arrangiert. Am Boden verstreut liegen Kunstbücher. Hier findet Frau Hund den Stoff ihrer Träume. Die schon aus den drei vorangegangen Tortenbüchern bekannte Gesellschaft stellt eine große Kunstausstellung auf die Beine. Im Raum liegen und hängen die Kunstwerke. Manche der alten Schinken werden noch schnell mit dem Staubwedel poliert. An der Wand lehnt auch das neue Porträt von Herrn Hund. Durch die angelehnte Tür schiebt sich, still und sacht in emsige Atmosphäre, eine magrittesche Wolke. Ebenso still greift eine kleine schwarze Hand durch den Spalt und angelt nach Frau Hunds Bild. Die Gemeinschaft ist empört. Hals über Kopf stürmen sie dem Kunsträuber nach. Herr Hund mit der Säge voraus. Frau Hase schwingt ihren Staubwedel nun in Richtung Frau Schwein. Diese ist mit ihrer ganzen Fülle dem kleinen Hasenkind auf den Fuß getreten. Habt ihr es bemerkt? Das Hasenkind schreit wie am Spieß. Frau Hase greift es und ab geht es über Stock und Stein, aus dem pompösen Haus nach Gehry Vorbild hinaus, und kopfüber in den Vergnügungspark der Kunst hinein. Da sausen sie durch van Goghs Weizenfelder, hetzen an Braques Brücke entlang und jagen zu Kandinskis Apfelbäumen. In Dalis fließender Zeit machen sie eine kurze Rast. Etwas später entwischt ihnen der Dieb nur knapp, als er sich vor Rousseaus Löwen in einen Baum retten muss. Frau Hase und Frau Schwein allerdings, gehen ihre eigenen Wege. Frau Hase erwischt Frau Schwein und brät ihr eins mit dem Staubwedel über. Das wird Herrn Schwein nun doch zu bunt. Der Streit zieht immer mehr Figuren in Bann. Glücklicherweise hat die Krankenschwester ihre Notfallapotheke dabei. Sie hat alle Hände voll zu tun, die echauffierte Gesellschaft zu verarzten. Derweil entdeckt das Hasenkind in aller Ruhe ganz verzückt die Landschaften, findet hier ein Springseil und rupft dort Blumen aus. Alles muss es ausprobieren. Ob man sich wirklich an Grashalmen schneiden kann, wie es auf Westeriks Bild in der Ausstellung zu sehen war? Nach seinem Experiment heult es und sein Blut färbt die weiße Gischt von Hokusais Welle. Ja, die Berührung mit Kunst ist immer eine Erfahrung wert. Thé Tjong Khing ist ganz ohne Worte ein famoser Geschichtenerzähler. Wie in einem Ballettstück choreografiert er in langsamen und schnellen Erzählbögen und Rhythmen. Augenzwinkernd inszeniert er auch die Entstehung von Kunst und führt seine Betrachter ins Atelier, an die Staffelei und spielt mit Bild, Abbild und Traum. Am Ende gerät die demolierte Säge des Herrn Hund zufällig unter die Kunstwerke. Nun ist sie kunstfertig und ihr Anblick erzählt von einem großen Abenteuer. Schwungvoll verspielt verleiht Thé Tjong Khing der bildenden Kunst eine unerhörte Lebendigkeit, ja Lebensnähe, und lädt kleine wie große Zuschauer ein, durch seinen Blick ihren eigenen Blick auf Kunst zu finden. Denn was wäre die Kunst ohne sie, die Schaulustigen? Einige Namen der von ihm bearbeiteten Künstler und die Bildausschnitte ihrer Kunst finden neugierige Betrachter im Vorsatzpapier. „Kunst mit Torte“ bietet großartige Anregungen zum Weiterschauen, Forschen, Entdecken, Ausprobieren, Träumen und Wiederlesen. Guten Appetit!