An einem kleine Stück der lybischen Küste ist der Schleuser der König aller Gangsterbosse. Er heißt Seyoum und stammt aus Eritrea. Seine Lebensträume und seine erste Liebe hat er mit seiner eigenen Flucht hinter sich gelassen. Verhaftung und Folter, sein animalischer Dienst im Militärlager liegen zehn Jahre zurück. Sie haben ihn geprägt und geschliffen. Jetzt organinsiert er Boote und kassiert das Geld von Flüchtenden über das Mittelmeer. Eine letzte Etappe, auf der viele Menschen den Tod finden werden. Seyoum lässt uns aus der Ich-Perspektive an seinem Blick auf sich selbst und seine Welt teilhaben. So schafft Coste einen intensiven Zugang zu Seyoums Gedanken- und Lebenswelt, wenn er von seiner Handelsware, den Flüchtenden spricht, die er in einer letzten Gruppe für dieses Jahr auf den letzten Abschnitt ihrer Reise nach Europa verfrachtet, seinem Misstrauen gegen alle und jeden, der ihn entthronen könnten und seinen unkontrollierten Gewaltausbrüchen, die ihn unnahbar machen und ihm Respekt verschaffen.
Von dieser Welt, die uns im Roman nahekommt, wünschen wir uns weit weg. Die Sprache Seyoums ist die der rohen, unkontrollierten Gewalt, gepaart mit Alkoholismus und Drogenkonsum, ohne den selbst sein eigenes erkaltete Herz die Herzlosigkeit nicht aushalten würde. Ein spannender Einblick, der jedoch psychologisch kaum neue Denkansätze bereithält. Doch der große Gangsterboss ist ein Rädchen eines Gesamtgefüge, dem man hier näher kommt.
Gewalt erzeugt Gewalt und den Überlebenskampf gewinnen die Stärksten, bis auch sie untergehen. Es ist ein Leben ohne zu leben. Dabei gibt es immer wieder mutige Randfiguren, die sich der Gewalt in den Weg stellen. Wenn sie Glück haben, fließt ihre Menschlichkeit in die verbrannten Herzen und sie finden einen Weg, zu überleben. Eine Prise Zufall, wie in diesem Roman, spielt dabei meist auch eine Rolle. Das macht diese dunklen Kapitel unerwartet aufregend und spendet dem Ende einen kleinen menschenwürdigen Lichtblick, der aufatmen lässt.