Vlad sieht wirklich schön schaurig aus: Das borstige Haar steil nach oben drapiert, von den Spitzen seiner langen Ohren umrahmt, darunter die blaue Gesichtsfarbe. Mit koboldhaftem Grinsen und immer in Bewegung hat er den bauschigen Mantel, der seiner zwergenhafte Gestalt Größe verleiht, fest im Griff. In einer Welt, die von schwarzblauen nächtlichen Schatten über das Violett und Rosa des Morgengrauens zum satten, weißgelben Glühen des ersten Sonnenstrahls changiert, wird er mit seinen Freunden das Neue erkunden, so wie es Kinder eben zu tun pflegen. Neugierig, überschwänglich, experimentell und ohne Blick auf drohende Gefahren. Alles ganz gewöhnlich also, genau wie auch sein Name, Vladimir. So heißen ja nun wirklich alle Vampire. Das Spiel in der kindlichen Parallelwelt des Vampirs entwickelt sich genau so wie in der Welt von Menschenkindern. Sie stellen Fragen, sie bekommen Antworten, sie versuchen ihren Eltern nachzueifern und am Ende haben sie ganz eigenständig etwas gelernt. Doch so geradlinig und klar, wie die Geschichte in Bild und Text erscheint, macht es Solotareff seinen Betrachtern nicht, denn schließlich kann Beißen nun wirklich kein Beruf sein und Vlad hat gute Freunde, an denen man doch nicht üben sollte. Ob Menschenkinder wirklich weniger Angst haben als Erwachsene? Und schließlich steckt in Vladimir, das sieht man doch auf jedem Bild, ein kleiner Schelm, dessen Entdeckungsreise in die Welt der Erwachsenen gerade erst begonnen hat. Was wohl wirklich aus ihm werden wird? So wie sich aus der klaren Farbwahl der einzelne Seiten im Laufe des Buches ein ganzer Regenbogen entwickelt, steckt in der kleinen, augenscheinlich gewöhnlichen Geschichte ein großer Kosmos an Fragen und Gesprächen zu leuchtenden Nachtgestalten und darüber hinaus.