Sylvie Schenk, in Frankreich geboren und aufgewachsen, heiratete mit zwanzig nach Deutschland und schrieb schon einige Romane, die Autobiografisches erzählen. In ihrem neuen Buch nähert sie sich der Geschichte ihrer Mutter an. Diese war eine stille, distanzierte Frau, auch ihren fünf Kindern gegenüber, sobald sie dem Babyalter entwachsen waren. Sie heiratete in eine angesehene, gut bürgerliche Familie in Lyon, von der sie nie akzeptiert wurde. Denn sie kam zwar aus einer ebenbürtigen Familie – aber kurz vor der Hochzeit sollte sich herausstellen, dass sie ein Adoptivkind zweifelhafter Herkunft war. Die Erlebnisse und Gefühle der ersten Lebensjahre als ungeliebtes Waisenkind prägten ihren Charakter, das Gefühl, nicht dazuzugehören und nie zu genügen. Der Roman berichtet neben der persönlichen Familiengeschichte auch von interessanten zeitgeschichtlichen Details, schon aus der Zeit von Sylvie Schenks Großmutter um 1916. Die Autorin erzählt episodenhaft, was sie herausfand und schmückt dort aus, wo sie es nur erahnen kann. Die Lesenden von Annie Ernaux dürften auch an diesem Roman Gefallen finden!