Die Wohnung von Micha fühlt sich für Nitz ungewohnt leer an. Matratzen zum Schlafen, Tisch und Stühle in der Küche, ein Festnetztelefon im Flur - wer hat so etwas noch?- sonst nichts. Keine Schränke und Regale, kein Spielzeug, kaum Essen im Kühlschrank. Hier wird Nits zum ersten Mal bewusst, dass sein langjähriger Freund Micha anders groß wird als er. Bald wird Nits Micha auch zum ersten Mal zum Einkaufen zur Tafel begleiten, denn Michas Vater schafft es nicht immer, zuverlässig für seine Kinder zu sorgen. Mal ist er da, mal ist er weg. Nie hält es ihn lange in einem Job. Micha obliegt es auch regelmäßig, sich um seine kleine Schwester Amy zu kümmern. Michas Mutter forscht im Dschungel und morst aus dem tropfenden Wasserhahn, jedenfalls glaubt das Amy. Die erfundenen Geschichten und Lügengeschichten in Michas Welt sind zahlreich. Nits wird diese Lügen erst jetzt entdecken, denn bisher vermochte der Musterschüler Micha mit dem großen Tierwissen und seinem Hang zu weißen Hemden, seine Lebensumstände offensichtlich gut zu verbergen. Wie für den Unterricht der 5./6. Klassen gemacht, scheint jedes Detail dieser Geschichte durchkomponiert, pädagogisch wertvoll wie realitätsgeschönt, um Kinder nicht allzu sehr zu belasten, in seelischem Einvernehmen Nichtbetroffener konstruiert und abgearbeitet. Nits weltoffene, indisch-deutsche Mulitkulti- Musterfamilie wird immer auch für Micha und Amy da sein und ihnen Asyl geben, denn sie sitzen, wie Nits so plötzlich bewusst wird „in Bergen von Besitztümern“. Michas Vater hingegen, wird einige Tage beim Dönermann in seinem winzigen Kiosk unter dem Dönerspieß im wahrsten Sinne des Wortes untertauchen. Er steckt mal wieder im Schlamassel, da er mit Kleinkriminellen dealt. Daher verticken die Kinder nun aussortierte Sportartikel von Nits großem Bruder bei ebay, um Michas Vater zu helfen. Selbst ihr Lehrer kauft ihnen, plötzlich wohl gesonnen und verständig, Klettermaterial ab. Wie Erwachsene sich am Ende mit Polizei und Jugendamt einigen, hat Kinder selbstverständlich nicht weiter zu interessieren. Die wichtige Botschaft des Romans ist die Freundlichkeit, mit der von Armut Betroffene hier von allen Seiten verständig und mit offenen Armen aufgefangen werden. Viele Fragen bleiben offen. Eine Geschichte, die sich nicht traut, ehrlich zu sein.