Milch spritzt aus Junos Brüsten, als ihr Jupiter Herkules an die Brust legen will. Eine turbulente Stillszene, in der Juno nicht gerade freiwillig agiert. In der Renaissance hat die stillende Madonna Hochkonjunktur. Sie steht für Mutterschaft, Fürsorge und die innige menschliche Verbindung.
Auch "Die bärtige Frau" ist ist eine berühmte, jedoch irritierende Stillszene in der Kunst. Der Vollbart dieser Frau, die eine mit Milch prallgefüllte Brust dem Kind darbietet, irritiert uns. Von Irritation erzählt auch Wilpert in ihrem neuen Roman, in dem sie sich erneut einem großen Frauenthema annimmt.
Alex hält Rückschau. Vom eigenen Kinderwunsch über die Abtreibung bei einer Freundin zur eigenen Fehlgeburt. Mit vielen Ängsten und übervorsichtiger Sorgsamkeit behaftet beginnt eine erneute Schwangerschaft. Seismografisch beobachtet sie ihren Körper, in dem sich der Fötus fest wohnt. Lange vor der Geburt wird sie ihn Baby nennen. Die Geburt des Kindes, Szenen die nichts für schwache Nerven sind, durchleben wir hautnah. Sie macht Alex zur Mutter, zu einer innigen Zweiheit in Einsamkeit.
Das erste Jahr des Mutterseins ist alles andere als ein Spaziergang. Wilpert lässt Alex in diesem Roman formulieren, was seit Anbeginn der Zeit Frauensache ist und von Außenstehenden schwer nachvollzogen werden kann. Mutterschaft ist körperliche und psychische Belastung, die keine Grenze kennt und der Inbegriff von Weiblichkeit.
Kann frau auch bärtig sein und ein Kind stillen? Androgyn bleiben oder gar trans sein?
Soweit denkt Alex nicht wirklich. Sie hat zu sehr mit sich und Paula zu tun, die sich vom Moment ihrer Zeugung an ihr festsaugt. Soweit denkt Alex für Sekunden, als sie nach Paulas Geburt eine Kirche besucht, an dem Wochenende, als sie zum ersten Mal ohne Kind ihre Mutter besucht.
Nachdem sie Geburt und Mutterschaft aus ihrer Welt katapultiert hat ist auf dem Weg ihrer Wiedergeburt und wir möchten ihr zurufen: "Du wirst es schaffen!" Mütter sind eben die stärksten Menschen der Welt. Gerade weil sie all das empfinden, was Wilpert hier im Namen von Alex formuliert hat.
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„Warum habe ich in Staatsbürgerkunde nicht einen Aufsatz wie die anderen geschrieben“, fragt sich Manja, die 1983 die erweiterte Oberschule in Leipzig besucht. Eigentlich ist sie eher der ängstliche Typ. Der kurze jugendliche Übermut, ihrer ehrliche Meinung aufs Papier zu fixieren, bringt sie ins Visier der Stasi, die sie kurz darauf verhaftet und in eine geschlossene venerologische Anstalt einweist. Die Tripperburg in die Lerchenstraße.