Fabian, Danko und Sirka leben ihr kleines Leben in Rondo. Sie gießen die Blumen, suchen nach Schätzen und erkunden die Welt. Dann verändert der Krieg ihr Leben. Romanyschyn und Lessiw lassen uns mit der Wahl ihres Settings spüren, wie fragil und zerbrechlich Leben ist. Ebenso sensitiv zeigen ihre Bilder, wie der Krieg sich anfühlt. Was ist der Krieg und was macht er mit unserem Leben, unseren Gefühlen und unseren Seelen?
In Dankos glasigem Glühbirnenkörper strahlt zwischen Glühwendeln besonders hell sein Herz. Hier wohnt seine Fürsorge für die Blumen in Rondos Gewächshaus, für ihren Klang und sein Glück. Im Laufe des Krieges wird sein Glaskörper genau hier zerbrechen. Er kann geflickt werden und doch wird er nicht mehr wie vorher sein. Seine Freunde Fabian, ein pinker Luftballonhund und Sirka, ein Papierfliegervogel sind schutzlose Wesen mit leicht verletzbarer Hülle, die durch den Krieg ebenfalls ihre Beschädigung erfahren werden. Das Künstlerpaar findet Bilder für Dinge, die man schwer in Worte fassen kann.
Im Schatten eines starken, dornigen Gewächses rollen Kettenfahrzeuge über rote Linien voran. Erst bringt der Krieg eine beängstigende Stille, dann die Dunkelheit. Die drei Kleinen stemmen sich ihm entgegen und versuchen die letzten Blumen mit dem Licht ihrer Fahrradlampe am Leben zu halten. Es gelingt. Der Lichtschein bringt das Leben zurück. Sie bauen eine größere Lichtmaschine und treten gemeinsam in die Pedale. Die Geschichte findet ein hoffnungsvolles Ende.
Die künstlerisch auf hohem Niveau gestalteten Seiten lassen sich in ihrer emotionalen Intensität leicht erschließen und halten darüber hinaus viele Entdeckungen bereit. Das Zentrum Rondos, dem Namen nach offensichtlich eine Stadt des Tanzes, des Gesanges und des Lichtes, bildet ein Labyrinth. Ein Labyrinth war die Behausung des Minotaurus und galt als Symbol für den Abstieg in die Unterwelt. Mit Sirka, einer Form des niederdeutschen „Siegerich“ und Danko, dem „Gottesgeschenk“ besitzen die aus leicht zerstörbarem Material geformten Protagonisten namentlich innere Stärke. Auf einer Doppelseite machen viele Rädchen, und seien sie noch so klein, das Ganze aus, die rettende Lichtmaschine. Die roten Mohnblumen, welche nach dem Krieg in Rondo erblühen, stehen seit dem Ersten Weltkrieg für die Erinnerung an Kriegsgefallene und für die Hoffnung.
In der Ukraine erschien dieses Bilderbuch 2014, während des bewaffneten Konfliktes auf der Krim, gedacht als Gesprächshilfe mit und für die von diesem Krieg betroffenen Kinder. Leider hat es acht Jahre später noch immer Aktualität und ist heute auf unserem Kinderbuchmarkt für Vor- und Grundschulkinder eins der ausdrucksstärksten Bilderbücher zum Verständnis eines von Krieg betroffenen Lebens.
Mit seinen leuchtenden Sonderfarben ist das Buch nicht zu übersehen. Das einladende Pinkrot, ein strahlendes Gelb und sattes Blau ziehen den Blick auf sich. Ein Goldocker gesellt sich hinzu. In ihrem Formenspiel und Musterung liegen die Farben nebeneinander. Selten mischen sie sich. Eine Seite tarnt sich olivgrün. Ist es das, was wir sehen, wenn das Licht kommt? Wie sehen wir eigentlich und sehen wir alle gleich? Farbtöne, Schattierungen, Spiegel, das Auge selbst und seine Sehhilfen. Wie orientieren sich Blinde im Straßengewirr einer großen Stadt. Romanyschyn und Lessiw arbeiten mit gestalterischer Leichtigkeit und tragen ihre Leser*innen assoziativ von Seite zu Seite durch ihre Themen. Grafisch spannend integriertes Textmaterial bietet Sachinformationen und Raum zum Weiterschauen aus anderen Blickwinkeln. Ein Augen-Spaziergang zum Sinnieren, ein leuchtender Lesegenuss.