Ciprians Leben ist die Straße. Mit seiner Familie zieht er von Ort zu Ort, wie das "fahrende Volk" es tut, Gaman, ihren Bären im Schlepp. Sein Vater ist Bärenführer, wie auch schon der Großvater und dessen Vater es waren und Ciprian es werden wird. Auf Marktplätzen führt die Familie den Bärenkampf vor und sammelt Almosen. Mal sind sie geduldet, nie sind sie erwünscht und immer vor der Polizei auf der Flucht. Als ihr Auto kaputt geht müssen sie den Bären freilassen und geraten in die Fänge einer kriminellen Schleuserbande, die sie in ein Lager nach Paris verschleppt. Dramatische Lebensbedingungen und Ciprians Endeckung seines fotografischen Gedächtnisses stellen den Jungen bald in zwei unvereinbare Leben.
Petit erzählt mit Tempo und packender Dramatik vom Leid, dem Stolz und dem Lebensmut der Ärmsten der Armen. Von Menschen, die auch wir auf der Straße betteln sehen. Es sind die Kinder, welche mittels Neugier Neues wagen und im neuen Land auf heilsame Entdeckungreise gehen. Ciprian wird Madame Walfisch und Herrn Sehrsehrdick kennenlernen und sie im Jardin du Luxembourg beim Schach spielen beobachten. Lautmalerisch lernt er das Spiel und die ersten Worte der neuen Sprache, mit der er sich verständigen kann. Erste Schritte in der neuen Heimat. Petit schreibt über den Migrationsroman hinaus ein starkes Plädoyer für die Hilfsbereitschaft, den Spracherwerb, die Fähigkeit Lesen und Schreiben zu können, für Schulbildung und Bildung überhaupt, die Ciprian, der bis zu seiner Ankunft in Frankreich keine Schule besucht hat, Tür und Tor zu Menschen und neuem Denken öffnet. "Beobachten, verstehen, überlegen, spielen, siegen" wird beim Schach aber auch im Leben zu Ciprians Mantra werden. Ohne den mutigen Einsatz von Madame Walfisch, Herrn Sehrsehrdick, Monsieur Bohnenstage und Madame Schönauge jedoch, hätte er es wohl kaum geschafft. In kurzen Kapiteln und perfektem Erzählbogen lässt uns Petit, der Meister des länderübergreifenden Erzählens, alle Figuren und ihre Lebensweise zu Herzen gehen und verpackt hier noch Wissenswertes über das Volk der Sinti und Roma.