Ein Krieg dauert lang. Er verändert das Leben, bringt Zerstörung und Leid. Doch Kinder suchen immer nach dem Glück. Sie wollen leben. Behutsam erzählt die Autorin aus Sicht von Alice, der Mittleren von fünf Geschwistern, wie der erste Weltkrieg in Ypern einzieht. Mit einer blechernen Weltkugel spielen die Kinder Flucht, sie packen im Geiste ihre Sachen und werfen dann die Kugel, zu ermitteln wohin sie fliehen werden. Nach Grönland zu den Eskimos? Das sind die Eisbären unter den Menschen, weiß Alice. Oder nach Brasilien? Alice mogelt, denn sie hat die Stelle an der die Blechkugelhälften aufeinander stoßen ertastet. Dort liegt der Äquator und am Äquator ist es immer schön warm. Doch vorerst fürchtet die Familie nicht. Der Klang der Geschütze am Horizont wird zum Grundrauschen in der Nacht, das Licht der Explosionen ein von der kleinen Clara bestauntes Feuerwerk am Horizont. Täglich verändert sich ihr Leben und Alice erkennt, dass ein Zuhause mehr umfasst, als nur das Haus, in dem sie wohnen. Dann werden die drei Jüngsten, nun ist Alice die Älteste, in ein Kloster nach Frankreich evakuiert. Dort erhält Alice ihre heilige Kommunion und neben ihr, unter weißem Schleier verborgen, entdeckt Alice ihre besten Freundin Johanna. Alice kennt die Tränen doch in diesem Moment weint sie vor Freunde und wird vom Glück durchströmt. Der Krieg ist ein großes Wechselbad der Gefühle. Und das, was Alice gerade noch für eine hilfreiche Notlügen der Erwachsenen gehalten hat, könnte unter anderem Blickwinkel betrachtet, doch ehrlich gemeint gewesen sein. Und wer weiß, was passiert wäre, wenn ihr starrköpfiger, lieber Vater anders entschieden hätte. Selten wurde jeder Seelenzipfel so feinfühlig und gewandt durchleuchtet. Ganz aus der Sicht eines Kindes entstehen konkrete wie abstrakte Räume klar vor der Leser Augen. Man darf schauen, staunen, innehalten. Den sich an die traurig-glückliche Lebensgeschichte herantastende Text spiegelt Julie Völk mit ihrem zarten Strich vollkommen wider. Das schmale Buch in kleinem, handlich leichtem Format ediert fordert dazu auf, es sich mit dieser Lektüre gemütlich zu machen. Kaum zu glauben, wie viel in einem so kleinen Buch stecken kann.