Liebe Eltern, es ist nicht so, dass wir Kinder alles nachmachen, was Hauptfiguren in Büchern tun. Auch wenn wir Molly lieben, da sie ungewöhnliche Maßnahmen ergreift, ihre Eltern vom Handy zu trennen. Das in diesem Kinderbuch witzig beschriebene Problem ist ein ernsthaftes, für Kinder wie Eltern.
Antonia (13), Sebastian (12), Arina (12)
Molly hat es satt. Unentwegt daddeln ihre Eltern an ihren Smartphones herum. Beim Aufstehen, am Esstisch, den lieben langen Tag, bis sie am Abend ihr Handy mit ins Bett nehmen. Da hilft nur eins. Molly wird ihre Eltern „entgiften“ müssen.
Wie trennt man Eltern von ihren Handys? Das Gerät von den Eltern lösen und es verschwinden lassen? Sicher würden Eltern es sofort wieder zurückfordern. Eltern sind eigenwillig und stark. Also entfernt Molly kurzerhand die Eltern. Richtig. Sie lockt sie ohne ihre Smartphones in den Keller und schließt die Tür zu. Eine Erziehungsmaßnahme. Durch die Katzenklappe kann Molly ins Kabuff linsen, mit ihren Eltern sprechen und sie verpflegen. Abendbrot, Frühstück und Mittagessen. Molly werkelt mit Elan in der Küche und zaubert die leckersten Mollyessen. Der Protest der Eltern verstummt schnell. Wollen sie Molly täuschen? Fürsorglich erkundigt sie sich mehrfach am Tag nach ihrem Wohlergehen.
Damit sie auf andere Gedanken kommen stellt sie ihnen Aufgaben. Ein Gedicht schreiben. Das machen sie. Sehr vorbildlich. Von draußen hört Molly die Eltern miteinander reden und hört ihnen einfach. Immer öfter reden sie nun auch zu dritt. Es gibt so viele wichtige Fragen in der Welt. Zum Beispiel, wenn es um Liebe geht oder die Frage, ob Kater Puschkin ein Killer ist. Wie schnell sich doch die erhofften Fortschritte einstellen. Molly ist froh. Denn Kochen und Bedienen, immer wieder treppauf und treppab, kann ganz schön anstrengend sein. So beschließt Molly die Tür etwas früher als geplant wieder zu öffnen.
Nun können die Eltern wieder ihre Elternrolle einnehmen. Alles beim Alten? Nein, sie kuscheln jetzt mehr und die Handys bleiben wirklich öfter mal aus und fern vom Esstisch.
Mit Verve inszeniert Gmehling das Unmögliche, das Fantastische, das, was nur in Geschichten passieren kann. Das wissen wir alle. Und gerade deshalb bietet seine Geschichte viel Spaß, viel Nachdenkliches und unerhört viel Gesprächspotential. Über Rollenverteilung und Zeitvertreib und über das, was man tun kann, was man tun darf und was man vielleicht besser nicht tut. Wie funktioniert Erziehung überhaupt? Der Gebrauch von Handys wird darüber fast zur schönsten Nebensache der Welt. Natürlich haben alle ihre Erfahrungen mit diesen ewigen Begleitern fast aller Menschen: Kleine Lesende oder Zuhörende und große Vorlesende. Ihnen ist vielleicht gar nicht bewusst, wie oft sie schnell noch eine Antwort tippen, statt ihre Aufmerksamkeit und ihre Gespräche ihren Kindern zu schenken.
Erneut gibt Anna Schilling in diesem Kurzstreckenleser mit ihrem einfachem Buntstiftstrich den Stimmungen von Molly und ihren Eltern das passende, impulsive Gewand. Katrin Rüger