An einem kleine Stück der libyschen Küste ist der Schleuser der König aller Gangsterbosse. Er heißt Seyoum und stammt aus Eritrea. Seine Lebensträume und seine erste Liebe hat er mit seiner eigenen Flucht hinter sich gelassen. Verhaftung und Folter, sein animalischer Dienst im Militärlager liegen zehn Jahre zurück. Sie haben ihn geprägt und geschliffen. Jetzt organinsiert er Boote und kassiert das Geld von Flüchtenden über das Mittelmeer. Eine letzte Etappe, auf der viele Menschen den Tod finden werden. Coste schafft einen intensiven Zugang zu Seyoums Gedanken- und Lebenswelt, wenn er von seiner Handelsware, den Flüchtenden spricht, die er in einer letzten Gruppe für dieses Jahr auf den letzten Abschnitt ihrer Reise nach Europa verfrachtet, seinem Misstrauen gegen alle und jeden, der ihn entthronen könnten und seinen unkontrollierten Gewaltausbrüchen, die ihn unnahbar machen und ihm Respekt verschaffen.
Von Seyoums Welt, die wir im Roman aus einer geschlossenen Ich-Perspektive erleben, wünschen wir uns weit weg und fühlen uns doch, lesend, magisch angezogen. Die Sprache Seyoums ist die der unkontrollierten Gewalt, befeuert durch Alkohol- und Drogenkonsum, ohne den er die Herzlosigkeit nicht aushalten würde.
Gewalt erzeugt Gewalt und den Überlebenskampf gewinnen die Stärksten, bis auch sie untergehen. Es ist ein Leben ohne zu leben. Immer wieder gibt es mutige Randfiguren, die sich der Gewalt in den Weg stellen. Wenn sie Glück haben, fließt ihre Menschlichkeit in die verbrannten Herzen und sie finden einen Weg, zu überleben. Eine Prise Glück, wie in diesem Roman, spielt dabei auch eine Rolle. Das macht diese dunklen Kapitel unerwartet aufregend. Das offene Ende spendet einen kleinen menschenwürdigen Lichtblick, der aufatmen lässt.
Stephanie Coste, Katrin Rüger und Übersetzerin Katharina Triebner-Cabald
Foto © Buchpalast
Eine mutige Weihnachtsempfehlung,denn die Gedankenwelt des Schleusers katapultiert Lesende nicht gerade in die schönste aller Welten. Sehr lohnenswert!