„Das große Feuer“ ist ein einzigartiges Jugendbuch, da es sehr einfühlsam mit dem Thema des ersten Weltkrieges umgeht, ohne die harsche Realität zu verschönigen. Der Krieg wird aus der Sicht von zwei verborgenen homosexuellen Jugendlichen beschrieben, die ihre Erfahrungen als Soldaten der britischen Armee auf unterschiedliche Weise verarbeiten. Während Ellwood, der eine Soldat, sich gerne durch Poesie ausdrückt und so versucht seine Eindrücke zu beschreiben, bemüht sich Gaunt mehr um einen nüchternen, sachlichen Sprachstil, um sich von den entsetzlichen Erlebnissen zu distanzieren. Eine Schülerzeitung, welche die Todesanzeigen und Nachrufe an gefallene Soldaten beinhaltet, in denen über das gesamte Leben der Verstorbenen berichtet wird, gibt dem ganzen Buch einen schönen Rahmen. Zudem werden sowohl die Liebesgeschichte der beiden Protagonisten, als auch die Grausamkeit des Krieges von der Autorin passend in Szene gesetzt. Die Charaktere sind authentisch gestaltet, die Handlung ist klar und nachvollziehbar. Die Sprache hat uns besonders gut gefallen, da sie sich verändert und sich entsprechend an die Figuren angepasst hat. Auch die einfließende Poesie wurde unglaublich schön umgesetzt und hat das Buch wirklich besonders gemacht. Alles in allem ist „das große Feuer“ sehr empfehlenswert. Es ist fesselnd in seiner Emotionalität und es hat einfach Spaß gemacht, ein derart gut geschriebenes Buch zu lesen, das eine von Traumata geprägte Zeit so einfühlsam behandelt. Luci, 15 Jahre
Selten so gelitten, mitgefiebert und am Ende doch ein wenig aufgeatmet. Ein furioser Kriegsroman. Ein große Liebesgeschichte.
Mit dem Beginn des ersten Weltkrieges endet das unbeschwerte Leben der britischen Internatsschüler Ellwood und Gaunt. Heinrich „Henry“ Wilhelm Gaunt, ein Junge von großer, kantiger Präsenz und ein stoischer Herrscher über seine Gefühle, hat eine deutsche Mutter. Sidney „Elly“ Ellwood hat jüdische Wurzeln, gibt sich angriffslustig und ist ein beliebter, feinsinniger und wortgewandter Schüler. Ihre Meinung zur Weltlage diskutieren die beiden Jungen mit Hilfe eines erlesenen Zitatenschatzes ihrer humanistischen Bildung. Ihre verbotenen homoerotischen Gefühle zueinander verleugnen sie vor Anderen und vor sich selbst. Unbeholfen flackern diese in gepflegten Kabbeleien und kameradschaftlichen Besäufnissen auf. Ihre freiwillige Registrierung und Einberufung in den „großen Krieg“ vor dem Erreichen des Mindestalters hat mehr als nur einen Grund. Ellwood wird Gaunt in den Krieg an die Westfront folgen, einem Vernichtungskrieg, der alles Menschliche aus den Soldaten herauspresst. In ihrem beeindruckenden Debüt durchwebt Winn ihren Prosatext mit Auszügen aus der Internatsschülerzeitung der Kriegsjahrgänge, und einem feinen Gespinst von Briefen und Lyrik, die von Recherchen am Marlborough College, dem Leben und der Poesie Siegfried Sassoons und den Beschreibungen Ernst Jüngers geprägt sind. In Anlehnung an das historisch belegte Internatsleben gewinnen die zahlreichen Internatsschüler an kraftvoller und unverwechselbarer Lebendigkeit und machen das Ausmaß der verheerenden menschlichen Katastrophe einer ganzen Generation junger Menschen greifbar. Warum ausgerechnet jetzt einen großen Kriegsroman lesen? Winn lässt uns, mehr als um die körperliche Unversehrtheit, um die Seelen und den Verstand von Elly und Gaunt bangen. Zwischen kriegerischen Gefechten und zarter Zuneigung werden wir Zeuge eines verzweifelten Ringens um Sprache und Liebesfähigkeit, deren Verlust der Krieg verursacht. Dabei führt Winn uns den Lebenshorizont dieser jungen Menschen in kaum erträglicher Hässlichkeit aber auch berührender Schönheit in reichem poetischen Spektrum vor Augen. In Memoriam heißt der Originaltitel. Winn ist ein großer Roman mit ergreifendem Setting gelungen, der uns die Attribute von Humanität neu entdecken und erinnern lässt. Katrin Rüger