Es ist eine hohe Kunst, Sachwissen mit Spaß und Leichtigkeit zu vermitteln. Das zeigen die Autorinnen dieses Buches mit Bravour. In der Rahmenhandlung im Comicstil wird mit Wort- und Illustrationswitz ein Porträt entwendet und beschädigt. Die Polizei findet es in einer Garage zwischen Sperrmüll wieder, in deren dunkelster Ecke sich noch ein anderes, viel berühmteres Bild entdecken lässt, das nur, von Tier zu Tier, die Aufmerksamkeit einer kleinen Maus auf sich zieht. Eine von vielen wunderbaren Nebengeschichten.
Der Rahmen des Portraits, seine Leinwand und die Bildoberfläche sind beschädigt. Nicht immer sind es so außerordentliche Einwirkungen, die ein Gemälde zerstören. Auch der alltägliche Schmutz in der Luft, das Licht in einer Ausstellung oder gefräßige Insekten setzen alten Bildern zu.
Dann müssen Kunstwerke zur Restauration und wir werden in die Werkstätten mitgenommen, die anschaulich mit vielen Fotos die Arbeit illustrieren. Mit Kameras, Röntgenstrahlen und dem Elektronenmikroskop werden Bilder bis in ihre tiefsten Schichten durchleuchtet. Wir sehen durch viele Farbschichten hindurch und erkennen sogar die Wasserzeichen eines benutzten Papiers. So erfahren Restaurierende, wo es vor langer Zeit geschöpft wurde und wir lernen etwas über Papierherstellung damals und heute. Opulente, aufklappbare Doppelseiten erklären uns Maltechniken und Malmittel, erzählen von Bildträgern und geben Auskunft über das fast schon medizinische Werkzeug, welches man für Restaurationen benutzt.
Das Porträt kommentiert mit seinem sich ständig wandelnder Gesichtsausdruck das Geschehen, in dem auch wir an den Sorgen der Arbeitenden teilhaben, denn bei aller Kunst, man kann nicht alles reparieren und manchmal ist eine Restauratorin eben auch „arm dran“, zum Beispiel wenn ein „Arm ab“ ist. So trägt uns ihr Sprachwitz und ihre Fantasie zur Venus von Milo und der Frage, was diese einst in den Händen hielt? Strickzeug, ein Sportgerät oder hat sie mit Hammer und Meißel gewerkelt?
Warum geben sich Menschen so viel Mühe, Kunst vor dem Zerfall zu bewahren? Kunst ist unser kulturelles Gedächtnis. Sie dokumentiert unser Leben, früher und heute. Kunst beginnt auf jeden Fall mit diesem beeindruckenden, in höchstem Maße unterhaltsamen und fein edierten Sachbuch. Die Schrift in Relieflack, über die man streichen muss, wenn man es in die Hand nimmt, die Fadenheftung samt Lesebändchen, die Wahl seines Papiers und die vielseitige, immer wieder überraschende künstlerische Gestaltung der Seiten und aufklappbaren Doppelseiten macht es zu einem inspirierenden Erlebnisbuch für die ganze Familie.