Loslassen und Neues wagen

Marcello Liscia

Einmal noch

Ihre Liebe gilt dem Leben. Das könnte man über alle Figuren in diesen Roman schreiben, der einer Wundertüte gleicht und uns mit seinen überraschenden Wendungen in Bann zieht.

Um seinen dunklen Gedanken nachzuhängen und mit dem Leben abzuschließen ist die Wahl eines Ferienortes an der Adria mit seinen lauen Sommernächten für Verliebte, seinen Urlaubshotels samt Strand und Meer und den vom Leben pulsierenden Gässchen mit ihren einladenden Restaurants eine Schnapsidee.

Doch so weit denkt Umberto nicht. Er hat seinen Mann verloren und sieht in seiner Trauer das Licht am Ende des Tunnels nicht. Die betagte Contessa an seinem Frühstückstisch hat ein gutes Gespür für seinen Seelenzustand. Sie kennt die Wendungen, die ein Leben nehmen kann und hat einige davon selbst gemeistert. Umberto kann sich ihrer Bestimmtheit nicht entziehen und wir genießen ihre Anwesenheit und Unerschrockenheit vom ersten Moment. Als Psychotherapeut besitzt Umberto solides Handwerkszeug im Gespräch mit Anderen, woraus Liscia gelungene wie amüsante Dialoge zaubert. Seiner eigenen Heilung ist der Psychotherapeut allerdings nicht mächtig.

Am Tag zuvor ist Umberto von Deborah angesprochen worden. Ihr schrilles Outfit und die zwei Marien, ihre Töchter Maria-Angela und Mariachiara, sind am Strand nicht zu übersehen. Daniele liegt einen Schirm weiter. Seine zarten Avancen kann Umberto selbstverständlich gerade nicht annehmen.

In die Vorhersehbarkeit des Plots, die naheliegende Verstrickung der Drei vom Strand platziert Liscia das Unerwartete, das Leben eben. Das schmerzvoll wie warmherzig Zwischenmenschliche. Lebensschmerz und Lebensglück trifft sie alle.

Auch im zweiten Roman des Paderborner Autors mit italienischen Wurzeln darf die „Eisboutique“ nicht fehlen. Denn wo sonst bekäme Umberto eine Eiskugel, die „Ich und Du“ heißt anempfohlen. Sie gilt als „der Teufel“ unter den Eiskugeln und erzeugt eine regelrechte Geschmacksexplosion. Vorfreudig kosten wir von ihr und erleben wie Deborah, Daniele und Umberto sich aufeinander einlassen. Auf Abschiedsschmerz folgt Neuanfang und diesem wohnt bekanntlich ein Zauber inne, der anmutiger ist als ein Sonnenaufgang über der italienischen Adria.