Den Regisseuren und Produzenten der Ufa wird bis in die letzten Kriegstage viel Geld genehmigt, vorausgesetzt sie drehen Propagandafilme. Und Drehen heißt nicht noch in den Krieg ziehen zu müssen. Trotz allem mangelt es an vielem. So wird die Ufa gegen Kriegsende ein absurder Ort, an Dreharbeiten gefaked werden.
Erich Kästner, der unter Pseudonym die Drehbücher für „Münchhausen“ und „Das letzte Gesicht“ verfasste, hat das filmische Treiben in Mayrhofen festgehalten.
Heinz Hoffmann und Erika Harms, die Hauptcharaktere in Kreitz' Graphic Novel sind Fiktion. Sie gehören zur Crew um Wolfgang Liebeneiner, die in den letzten Kriegswochen zum Dreh nach Lüneburg fahren. Der Film „Das Leben geht weiter“, eine Idee, die aus der Feder Goebbels stammte, wurde wirklich unter Wolfgang Liebeneiner gedreht. Liebeneiner versuchte die Filmrollen im Dom zu Bardowick vor den Engländern zu verstecken.
Liebeneiner ist überzeugt, sein Durchhaltefilm nach Kriegsende in einen Friedensfilm ummünzen zu können. Hoffmann hält seine Mitarbeit am Film für ein Fehler. Jede Entscheidung scheint falsch. Allen voran Hoffmanns ständige Liebeleien mit hübschen, jungen Mädels.
Kreitz spürt den Ambivalenzen dieser in Nazideutschland arbeitenden Künstler nach, deren Arbeit einfach nicht von der Ideologie zu trennen ist. Ihre Haltungen sind fließend, wie Kreitz´ Erzählweise, bei der man mitunter nicht weiß, ob man gerade in Filmszenen oder im echten Leben steckt.
Was ist Propaganda und was Kunst, was Überlebenskompromiss, was Überzeugung, was Anpassung, was Haltung. Und wie wird das Leben nach der Niederlage, dem verlorenen Krieg aussehen?
Kreitz klar strukturierte Seiten mit klassischen Comicsprechblasen lenken unseren Blick auf die Menschen. Keine Farbigkeit bietet Abwechslung.
Und seien wir ehrlich, Hoffman trägt viel Kästner in sich. Auch physische Ähnlichkeiten liegen auf der Hand.
Ein noch immer spannendes Kapitel der deutschen Geschichte, denn kann es Kunst geben, losgelöst von dem System, das sie fördert. Schlitzohrig möchte man die Gestalten nennen, die zu drehen vorgeben, um nicht noch Kanonenfutter zu werden. Diese letzte Einstellung kann ihnen niemand verübeln.
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