Wir lernen Jella auf der Polizeistation kennen. Sie erstattet Anzeige gegen ihren Lebenspartner, der seine Hände um ihren Hals gelegt und zugedrückt hat. Jella lebt in einer toxischen Beziehung. Wutausbrüche und Gewalt stehen auf der Tagesordnung. Wie konnte es so weit kommen?
Thomas, die in feiner unprätentiöser knapper Sprache erzählt, lässt ihre junge Protagonistin aus Cottbus vom Standpunkt der Gegenwart aus zurückblicken. „Weil wir so jung und so schön waren.“ Im Projekt „Geilheit“, beginnt die 15-jährige Jella sich mit ihren Freundinnen ihre schönste Version von sich selbst zu bauen. Die Mädchen glauben Erfüllerinnen von Erwartungen sein zu müssen. Styling, Make-ups und Highheels, Neugier, Schauspielerei und Provokation.
Jella fordert die Männer heraus. So hat ihr erster Sex auch nichts romantisches. Auf Metallrohren kniend, außerhalb der Stadt auf einem Baustellengelände. Wenn es zu sexuellen Übergriffen kommt, teilt Jella sich nicht mit. „Dann wäre es ausgesprochen und: da. Richtig da.“
Jella diskutiert mit sich das Recht auf den eigenen Körper, wägt Schuld und Unrecht ab. Wir durchleben Jellas Alpträume und zittern mit ihr, wenn sie ihre Todesangst herunterspielt, sich selbst nicht vertraut, die Gewalt kleinredet, um das Leben eines Anderen nicht zu versauen.
Thomas erzählt vom Erwartungdruck, unter dem Frauen stehen. Hautnah lässt sie uns teilhaben, an einer Spirale aus Liebessehnsucht, Nähe und Verletzungen bis hin zur Vergewaltigung, aus der Opfer sich als solche nicht begreifen und so schwer entkommen können. Das scheinbar Unvorstellbare, Jellas Sehnen nach dem gewalttätigen Mann, die Leere nach dem Ende einer solchen Beziehung wird erschreckend vorstellbar. Jellas Worte gehen unter die Haut. „Das ich die kompromisslose Nähe, die unsere Gewalt geschaffen hat, schrecklich vermisse.“ Wann wird es solche Worte endlich nicht mehr geben?