Das Leben ist ein Showroom. Das Leben ist Lifestyle, Konsum und unendlicher Spaß. Das Leben ist unmittelbar und ungewiss. Das Leben ist voller Optionen. Pustekuchen, das hippe Münchner Leben diktiert viele Erwartungen. Und in jeder Hinsicht überfordert es Tim. Maximilian Lorenz setzt dem äußeren Wirken des smarten, gebildeten IT´lers um die dreißig seinen inneren Monolog entgegen, in dem Tim bei jeder Kleinigkeit unsicher abwägt, stolpert und strauchelt.
Begegnungen und Trennungen laufen vor Tims Auge wie Kinofilme ab, immer im Versuch darin den perfekten Schauspieler zu geben. Seine Aufmerksamkeit für Uhrzeiten, an denen sich wichtige Dinge in seinem Leben ereignen, ist fast manisch. 06:28 Uhr. Das Leben rast. Darin Tim, auf der Suche nach Orientierung und Halt. Der einzige Ruhepol zwischen all den stark ichbezogenen Individualitäten, Tim ist hier keine Ausnahme, ist Medina, eine alte Freundin, bei deren Treffen er ganz unbewusst einfach er selbst ist.
Tim hat Beziehungsstress. Anna hat ihn verlassen. Die Datings mit hübschen Frauen von Dating Plattformen entpuppen sich als genau das, was sie sind. Arrangierte Treffen mit Fremden, die unter der Erwartungslast ersticken und zur Farce geraten. In aller Tragik des Seins kann Lorenz als bewährter Stand-up-Comedian diesen Szenen viel Witz abgewinnen. Und dann ist da noch Marie aus dem Kochkurs, in die sich Tim dann Hals über Kopf neu verliebt. „In der Liebe rasen wir winkend an der eigenen Vernunft vorbei in Richtung Abgrund, immer in der Hoffnung, das es keinen Abgrund geben wird.“
Die Abgründe sind zahlreich und Tim nimmt sie alle. Wenn er nachts wie ein seelisch gerupftes Huhn durch die Straßen München stromert, gelingt es ihm, umhüllt von Dunkelheit, in kostbaren Momenten den Lebens-Overload, die Maskerade abzuwerfen. Sein Weg führt ihn im Morgengrauen vor die Haustür seines Arbeitskollegen und Freundes Vinzenco. Auch hier gibt es dringend zwischenmenschlichen Gesprächs- und Handlungsbedarf. Aber wer kreuzt schon in Zeiten von Whatsapp unangemeldet vor der Haustür eines Freundes auf. Du bist auf dem richtigen Weg, möchte man Tim zurufen.
Aus einer anderen Generation kommend, lese ich den Roman fast ein wenig erschüttert. Maximilian Lorenz liefert vor Münchenkulisse eine Studie der Generation Y (sprich Why) samt Lebensfeeling, dem endlosen Gedankenkarussell zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, geprägt von digitaler Omnipräsenz. Viele Worte, viel Witz, viel Show, viel Bewegung und immer auf der Suche. Vor allem auf der Suche nach sich selbst.